1) Sophia setzt Wasser auf

Das Ende des Lebens im Nudeltopf mit künstlichem Dampf, kuratiert von Köchen an einer Vernissage.

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© Massimo Spada. Studio preparatorio per immagine.

Na super, ein dampfender Kochtopf als erstes Bild. Da denke ich sofort an das Kunstprojekt „end of life“ von Christina Hemauer / Roman Keller welches Teil einer Ausstellung in meinem ehemaligen Kunstraum Substitut war.

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end of life © Hemauer/Keller

Aber mir soll hier ein Licht auf- nicht ausgehen. Also setze ich erstmal einen Topf Pasta auf. Nudeln, wie man hier im Norden sagt. Teigwaren. Heute keine De Cecco, schon gar keine Barilla, die sind homophob. Nun ja, mein Topf sieht nicht so elegant aus, immerhin steht er auf einem schicken italienischen Gasherd.

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Hmmmmmmmmmmm

Aber lassen wir das, hier geht es nicht um die Kunst des Kochens sondern um… Hmmmm? Früher ging es um’s Kuratieren. Heute kuratieren selbst Köche. Es ist offensichtlich schick zu allem kuratieren zu sagen. Ich werde mich weigern, irgendeine künftige Tätigkeit kuratieren zu nennen. Massimo, um dessen Titelbild es hier geht, bat mich zwar, ein Ausstellungsprojekt mit ihm zu kuratieren. Mich interessiert seine Fotografie, mich interessiert Kunst – allerdings nur noch sehr, sehr eingeschränkt, das meiste ist schrilles Gedöns und Vernissagen sind zu Tummeplätzen für Victims allerlei Couleur verkommen; was früher das Foyer von Theaterhäusern, ist heute der hell erleuchtete Galerieraum.
Mich interessiert der Dialog mit Künstler/innen und Publikum. Solange es um mehr als hip und cool geht.

Da dampft also Wasser im Topf.
Sophia steht Amore-Amore singend in der edlen Küche ihrer römischen Dachwohnung von der aus sie den Campo de‘ Fiori überblickt. Gleich nimmt sie eine erste Handvoll frische, mehlbestäubte Tagliatelle und lässt sie in das spudelnde Wasser gleiten. Immer genug Wasser nehmen, hört sie die Nonna mahnen. Die liegt zwar längst auf dem Cimitero Monumentale, aber beim Kochen ist sie so lebendig wie eh und je. Sophia murmelt kurz etwas Richtung einer Kerze, die immer brennt. Aber im Grunde ist sie heilfroh, ist die Nonna nicht mehr da. Den ganzen Tag Sopia hier, Sophia da. Jetzt hatten sie und Sergio endlich ihre Ruhe. Ach mein Sergio! Was er wohl gerade macht, im kalten Norden?

OOPS. Kioskroman?

Bis es richtig dampfte, brauchten sie einen halben Tag. Dem Assistenten will heute die künstliche Räucherei einfach nicht gelingen, das Rauchgerät spukt. Also versucht er es mit allerhand anderem, Papier, Hölzchen, nichts funktionierte. Dafür stinkt es jetzt im Studio. Das ganze Team, der Fotograf und Studioleiter Sergio, die Beleuchter, die Techniker, die Fooddesigner und alle anderen Assistenten starrten auf den Topf, der einfach nicht fotogen genug dampfen wollte. Plötzlich hatte Sergio eine Idee. Sie haben ihre neue Wohnung in Rom doch ausgeräuchert. Natürlich, er brauchte Salbei, genügend Salbei. Sofort schickte er seinen Assistenten los, aber subito!
Endlich dampft der Topf, das Sergio konnte auf den Auslöser drücken, das Foto gelingt und das Team gönnt sich ein paar Spritz in der Nähe der Porta Venezia.

Oder so.

Infos zum Projekt Dialog mit Massimo unter About

11 Kommentare

  1. Lieber Urs,
    was für ein spannender Dialog. Ein nicht auf Kommando fotogen kochender Topf und eine Pasta-Köchin in Rom. Ich bin fasziniert von diesem Wechselspiel zwischen dem Alltäglichen und dem Metaphysischen. Kann das Nudelkochen ein künstlerischer Vorgang sein? Auf jeden Fall mehr als nur Nahrung für den Körper.
    Der Wasserdampf auf dem sehr ästhetischen Foto von Massimo Spada drückt für mich diese Verwandlung einer greifbaren Sache in etwas Flüchtiges, Unhaltbares wunderbar aus. Vom Objekt in die Welt der Fantasie.
    Ich mag auch Deine trotzige Absage an das Kuratieren, lieber Urs.

    Ich freue mich sehr auf die kommenden Bilder und Worte Deines Dialogs.

    Liebe Grüße
    Ulrike

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  2. ..for all the week to have had problem in study with l ‚aesthetics of the smoke, for one photo commercial produced in study .. to have thought to be a sufficient stimulus for transform this experience for one photo of research. sophia to be happy ..

    Massimo

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  3. Naturalezza, spontaneità, realistico, bello, estetico, adeguato..
    Ogni giorno accade che mi misuro, per produrre un immagine, con questi termini… immerso nella completa finzione!

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  4. Lieber Urs,

    es macht Laune, deinen Gedanken und Assoziationen zu folgen. Nur weiter so!
    Übrigens schon der erste Berührungspunkt zu Annes Küchenblock ;-)

    Schöne Grüße
    Robert

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  5. Lieber Urs,

    das Bild würde wunderbar auch in meinen „Kuechenblock“ passen, den ich als Blog gestartet habe. Dein Beitrag inspiriert mich dazu, für meinen Blog mal nach Kunstwerken mit Bezug zum Essen zu schauen. Vielleicht so ein Stilleben eines holländischen Meisters mit Fasan und Obst und Gemüse. Ich bin gespannt auf die weiteren Fotos und Deine Assoziationen dazu.

    Herzliche Grüße
    Anne W.

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  6. […] (vielleicht vom Rauch von Sophias Pasta-Topf) dösen wir ein und finden uns bei Yoko Ono und John Lennon im Bett, die darin gerade für Frieden […]

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  7. Lieber Urs,

    ich liebe es – das Springen zwischen den Sprachen, als würde die eine kurzfristig verdampfen, um der anderen den Vortritt zu lassen. Das macht den Text so lebendig und zwischendurch denkst du über das kuratieren nach: Ja, Leben ist mehrdimensional, das macht es ja so bunt und diese schwarz-weiß Fotographie zu einem Symbol für Bewegung.

    Bis zum nächsten Foto !

    Hedda

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  8. Lieber Urs,

    großartig! In dem Topf ist ja echt alles drin. Ein bisschen Politk, ein bisschen Feuilleton, die Literatur (des Kochens), Urscher Humor, ein bisschen Italienisch, Nudeln und Salbei natürlich.
    Und die Kommentare werden Teil der Kunst…
    Ich verbleibe ambivalent, teils neugierig auf mehr, teils hungrig…
    Wenn’s recht ist, verlinke ich Dich?!

    lg. mo…

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