Ich versuche zu halten, was nicht ewig haltbar ist, dachte ich, im Fitnessstudio, vor dem gnadenlosen Spiegel, um mich herum weitere Gewichtheber aller Klassen und Alter, schnaubend, manche stöhnend, als kämen sie gleich zum Höhepunkt, hochrot im Gesicht, sich eitel betrachtend.
Als ich aus dem Gym an die blendende Sonne trat, strahlte mich die Liebe an und einmal mehr wusste ich, warum ich die Deutsche Sprache liebe, warum ich in Berlin lebe, das manchmal grantig, aber meist doch verspielt ist.
Vor Huxleys Neue Welt steht die Generation Youtube Schlange. Welcher Influencer wohl auftritt, frage ich mich, stutze aber, weil die alle Rollkoffer mit haben und gruppenweise ähnlich gestylt sind, es dominieren Trainingsanzüge. Ich erkundige mich, was denn stattfinde. World of Dance! Ob das so eine Casting-Show sei, frage ich nach. Nein, es sei eine Tanzausscheidung, die Einen da seien aus Rostock, tanzten Hip Hop und die Besten flögen nach Los Angeles.
What A Feeling, singt Irene Cara in mein Ohr, Flashdance, dieser Traum, es trotz allen Widrigkeiten zu schaffen, die Bretter, die die Welt bedeuten, eine Frau, die Herrenrennrad fährt, Dauerwelle, Vortanzen. Auf dem Weg nach Hause beflügelt mich die Rührung, mögen die Träume der Anstehenden vor Huxleys in Erfüllung gehen, mögen sie ewig weiterträumen und wenn es bloß auf Youtube ist.
Auf dem Weg kommt mir ein Männerhorde auf Jungesellenabschied entgegen, deren Zentrum der Aufmerksamkeit mit Wallkürekostüm gehörnt ist. Geht das wieder los.
Ich lasse mir mein Schönheitsträumchen nicht zerreißen, denke daran, dass gerade Anmeldeschluss für den Tanzwettbewerb war, den ich als Angestellter des Migros-Kulturprozent seit nunmehr 12 Jahren organisiere und deren Gewinner*innen künftig in den Ballettensembles und zeitgenössischen Tanztruppen dieser Welt tanzen werden.
Ich denke daran, wie ich wieder gerührt sein werde, wenn sie Anfang Juli im Ballettstudio des Opernhauses Zürich ihre Solos vortanzen, nachdem sie mehrere harte Trainings vor unserer Jury absolviert haben.
Wie ich wieder nervös an der Musikanlage sitzen werde, bedacht, bei der richtigen Tanzpose das Stück zu starten und auszufaden, wie ich den jungen Flashdancern zusehen und Gänsehaut kriegen werde.
Ach, vielleicht gehe ich gleich selbst tanzen, unter die Jugend, allerdings die verstrahlte, ins ://about blank, an die Buttons. Wie lange vor meiner Zeit, als sich die Gesellschaft zum Tanz im Park traf, könnte ich im grünen Garten schwofen; ein letztes Tänzchen, bevor ich sonntags nach Basel reise, um Tod in Venedig zu sehen, das neue Ballettstück von Richard Wherlock, unserem Jurypräsidenten, und nächste Woche all die Anmeldedossiers prüfe, die Motivationsschreiben voller Träume lese und…
Lieber Urs, was wäre das Leben ohne Träume? Ich sitze gerade im Flixbus auf dem Weg nach Cottbus, um heute Abend in der Oper zu träumen – auch wenn es mit Macbeth (Verdi) eher blutige Träume werden. Hauptsache große Gefühle und himmlische Stimmen. Ich wünsche dir erhebende Tanzträume mit Gänsehaut in Bern. Herzliche Grüße, Ulrike
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Liebe Ulrike
Dir wünsche ich schöne Gesänge!
Herzlich, Urs
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Danke. ☺ Ich meinte natürlich Basel. Müsste mal beide besuchen, damit ich sie nicht mehr verwechsle.
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Hat dies auf Mia.Nachtschreiberin. rebloggt und kommentierte:
Lieber Urs,
heute verträumt, leicht, mit einer Prise Sonne und Leben und Liebe und wie gut, dass du es bist, der all diese Dossiers liest und ein Gefühl dafür hat, wofür sie stehen, für wen sie stehen, musikalisch, tänzerisch oder literarisch …niemals ohne eines davon, denn das ist Liebe leben … Verdrücke mir ein gerührtes Tränchen,
danke,
Mia
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Liebe Mia
Tränen unter einem blühenden Kirschbäumchen, ja?
Herzlich, Urs
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Lieber Urs,
Träumen und sich trauen!!! Die Worte scheinen nahe beieinander zu liegen, aber für mich liegen ganze Galaxien dazwischen. Tanzen können – das wäre mein Traum!! Egal wie, Hauptsache elegante Bewegung zur Musik – wie wäre das schön. Sich ausdrücken können durch Tanz. Kommunikation ohne Worte. Willst Du mir erklären, jeder könne tanzen, wenn er sich nur traut? Geschenkt.Das meine ich nicht. Ich hätte gern einmal das Gefühl des Überwindens von Schwerkraft, des sich in der Bewegung fallen lassen können. Seufz, ich träum noch ein bisschen weiter, Danke für den Anstoß.
Liebe Grüße
Anne
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Liebe Anne
Du überwindest die Schwerkraft auf Deinem Küchenblock!
Und sonst empfehle ich einen Tangokurs (ernsthaft!).
Herzlich, Urs
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Lieber Urs,
danke für das nette Küchenblockkompliment! Mit Tangokurs habe ich schon immer mal geliebäugelt.
Liebe Grüße
Anne
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Entfesselte Frühlingsenergien allerorten…Gruß vom anderen Spreeufer!
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Liebe Grüße zurück!
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